Holz oder Stein

Holz oder Stein?

Holz oder Stein? – Eine Glaubensfrage?

Wer einen Neubau plant, wird irgendwann vor der Frage stehen, ob der dominierende Baustoff Holz oder Stein sein soll. Glaubt man der Werbung, beanspruchen Baugeschäfte und Zimmereien jeweils die gewichtigeren Argumente für den eigenen Baustoff. So scheint sich dieses Thema zu einer sehr emotionalen Frage zu entwickeln, obwohl es durchaus auch ganz sachliche Gründe gibt, sich für eine Bauweise zu entscheiden.

Holz vor Stein bei moderner Bauweise?

Es gibt scheinbar viele Gründe, die Holz favorisieren, wenn es um eine moderne Bauweise geht. Wie es zu diesem Image kam, ist nicht ganz klar. Eindeutig ist jedoch, dass es seit Menschgedenken sowohl den Holz-, als auch den Mauerwerksbau gibt. Beide Bauweisen haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, ergänzen sich aber besonders im Wohnungsbau.

Holz oder Stein? Fassadenausschnitte beider Bauweisen

Die Fassadenausschnitte zeigen die deutlichen Unterschiede der Bauweisen

Holz und Stein in der CO2-Bilanz

Als wesentliches Argument wird oft angeführt, dass Bäume CO2 binden und so durch eine aktive Waldwirtschaft und Holznutzung eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreicht wird. Der Ansatz ist grundsätzlich richtig, aber nicht vollständig. Einerseits setzt diese Behauptung voraus, dass nach dem Lebensende des Bauwerks das Holz weiter genutzt und nicht verbrannt wird bzw. verrottet, denn so würde das gebundene Kohlendioxid wieder an die Atmosphäre abgegeben. Andererseits ist der Anteil reinen Vollholzes, beispielsweise an einer Außenwand, gering. Es werden zusätzlich im besten Fall Holzwerkstoffe, oft aber auch Kunststoffe und mineralische Baustoffe zu Wärmedämm- und Abdichtungszwecken eingebaut, deren ökologischer Fußabdruck deutlich von dem des Holzes abweicht.

Dem steht die massive Bauweise – zum Beispiele mit Ziegelsteinen – gegenüber. Die Steine bestehen ebenfalls aus einem natürlichen Baustoff, dem Lehm. Sie werden bei hohen Temperaturen gebrannt, wofür trotz moderner Methoden zur Wärmerückgewinnung Energie erforderlich ist. Betrachtet man das Lebensende, so lässt sich heute schon bis zu 90 % des Abbruchmaterials recyclen und es wird kein zusätzliches CO2 frei.

Einen klaren Sieger gibt es hier nicht, da die einzelnen Baumethoden, sowohl im Massivbau, als auch im Holzbau zu unterschiedlich sind. Den veröffentlichten Vergleichsstudien zur Nachhaltigkeit der Baustoffe kann man bei Prüfung der Randbedingungen meist sofort ablesen, wer sie beauftragt hat. Hinzu kommen dann noch die Betrachtungen zur notwendigen Transport- und Montageenergie, bei der regionale Baustoffe und ortsansässige Firmen mit kurzen Lieferwegen zusätzlich punkten können.

Holz und Stein im Vergleich der Lebensdauer

Bei einer reinen Betrachtung der Baustoffe Holz und Ziegel würden wohl viele dem Stein eine längere Lebensdauer zuschreiben. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass bei einer direkten Bewitterung der Verrottungsprozess des Holzes sehr schnell einsetzt. Direkt bewittert haben jedoch auch Ziegelbauten keine lange Lebensdauer. Historische Kirchenbauwerke beweisen, dass sowohl das (Ziegel-)Mauerwerk, als auch die (Holz-)Dachkonstruktion die Jahrhunderte überdauert haben.

Leider sind diese Betrachtungen wenig aussagekräftig für moderne Wohnbauwerke. Auch die oft angeführten Holzbauten in der Schweiz oder auch in Skandinavien aus dem 11. Jahrhundert können keinen Aufschluss über die tatsächliche Lebensdauer geben, da sich die Bauweisen drastisch geändert haben. Allein durch die Anforderungen der Energieeinsparung sind im Holzbau künstlich hergestellte Dämmstoffe, Folien und Klebebänder bzw. Klebstoffe notwendig, über deren Haltbarkeit häufig keine Langzeiterfahrungen vorliegen. Auch in der massiven Bauweise haben sich gravierende Änderungen ergeben. Porosierte und gefüllte Steine erfüllen die aktuellen Wärmeschutzstandards, sind jedoch mit einem Vollstein aus der „Backsteinära“ nicht mehr vergleichbar.

Neben dieser physischen Lebensdauer der einzelnen Baustoffe ist die wirtschaftliche Lebensdauer von hoher Bedeutung. Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl bei Holz-, als auch Steinbauwerken eine Gesamtnutzungsdauer von ca. 80 bis 100 Jahren erwartbar ist. Um eine so lange Nutzbarkeit des Bauwerks zu erreichen, ist eine laufende Instandhaltung erforderlich. Die hierfür aufzuwendenden Kosten steigen mit der Nutzungsdauer bei beiden Bauweisen an. Unklar ist derzeit, wie lange die derzeit verwendeten Kunststoffe und Klebstoffe der Dampfbremsen im Holzbau ihre Aufgabe erfüllen. Sollten in diesem Bereich Reparaturen erforderlich werden, ergäben sich damit erhebliche zusätzliche Kosten.

Holz oder Stein – ein Geschwindigkeitsvergleich

Für Bauherrn oft spektakulär und in den Medien häufig diskutiert: Ein Holzhaus ist nach sehr kurzer Zeit fertiggestellt. Entsprechende Filme in Zeitraffer zeigen die Montage des neuen Hauses in atemberaubender Geschwindigkeit. Im direkten Vergleich scheint der Massivbau hier das Nachsehen zu haben.

Wie so oft, ist auch hier die Betrachtung nicht so einfach, wie sie scheint. Am Rande erwähnt sei, dass es auch „Fertighäuser“ aus Mauerwerk gibt, deren Montage ebenfalls sehr schnell abläuft. Aber die Montage vor Ort ist nicht die Zeit, die ein Bauherr von der Auftragsvergabe bis zum bezugsreifen Wohnhaus berücksichtigen muss.

Für beide Bauweisen gleichermaßen gilt, dass vor dem Baubeginn eine Planung mit den jeweiligen Genehmigungsverfahren erfolgen muss. Sind diese (je nach Bauvorhaben auch manchmal langwierigen) Schritte erfolgt, kann die Firma mit der Umsetzung beginnen. Dabei ist die Herstellung der Bodenplatte oder des Kellers noch identisch. Werden dann die Holzelemente üblicherweise in der Zimmerei gefertigt, sieht man den Baufortschritt beim Massivbau auf der Baustelle. Wer hier in Summe aller Teilschritte schneller ist, bestimmt meist nicht die Bauweise, sondern die Auftragslage und Organisation der ausführenden Firmen bzw. die Koordination der Firmen untereinander.

Holz versus Stein bei der Individualität?

Um es vorweg zu nehmen, auch in diesem Punkt wird es ein Patt zwischen den Bauweisen im Wohnhausbau geben. Je nach Anforderungen und Ausstattung der ausführenden Firmen sind die Bauteile des Holzbaus als Holztafelbau, Holzskelettbau, Blockbauweise, Brettsperrholzbauweise, diversen Unterarten oder Kombinationen möglich. Damit lassen sich sehr viele Wünsche des Bauherrn realisieren. Im Massivbau sind die wesentlichen Baustoffe neben den verschiedenen Ziegelsteinarten auch Kalksandsteine, (Leicht-)Betonsteine, Porenbetonblöcke oder Beton.

Auch ausgefallene Wünsche von Bauherrn für Ihr Wohngebäude lassen sich sowohl in Holz, als auch in Stein verwirklichen. Lediglich bei sehr großen Raumabmessungen und unregelmäßiger Anordnung der Räume kann der Massivbau punkten. Dem steht durch die meist geringeren Wandstärken eine höhere Flächenausnutzung im Holzbau gegenüber.

Holz oder Stein? Innenansichten von Räumen in Holz- bzw. Mauerwerksbauweise

Auch die Installation und der Innenausbau unterscheiden sich bei Holz- und Mauerwerksbauweise

Holz oder Stein – der Preisunterschied.

Seriös vergleichen kann man den Preis nur, wenn eine identische Größe, Ausstattung und Ausbaustufe zugrunde gelegt wird. Insbesondere bei größeren Fertighausherstellern wird ein niedriger Preis mit der Möglichkeit des Eigenausbaus beworben. Letztlich werden aber wenige Bauherrn tatsächlich selbst in der Lage sein, diese Option zu nutzen. Damit verlagern sich die Kosten lediglich zu einer weiteren Firma, die den Ausbau macht.

Untersuchungen des Holzabsatzfonds aus 2002 haben bei der Betrachtung der Herstellungskosten im Holzhausbau ergeben: „Ab 1985 gibt es keinen Unterschied mehr in den Herstellungskosten im Vergleich zum Massivbau.“

Auch in den Verbrauchskosten ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede. In diesem Zusammenhang immer wieder beworbene Klein- oder Kleinsthäuer (Tiny-Häuser) können mit den Herstellungskosten und Verbrauchswerten nur deshalb glänzen, da sie eben deutlich kleiner sind als die große Mehrheit der weiteren Wohnhäuser. Im direkten Vergleich würden sie oft schlechter abschneiden, da die Ausführungsqualtiät meist nicht den Standard erreicht.

Fazit

Eine Bewertung nach dem Schema „gut“ oder „schlecht“ ist bei neutraler Betrachtung nicht möglich. Die Bauweisen haben jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile. Idealerweise kombiniert man die Baustoffe so, dass jeweils die Vorzüge zum Tragen kommen.

Hierfür ist dringend anzuraten, die eigenen Ziele vor der Planung zu definieren und dann eine ganzheitliche Planung erstellen zu lassen, die genau die Rahmenkriterien aufgreift. Bei der Auswahl der Baustoffe und Bauprinzipen sollten dabei frühzeitig Fachplaner (z. B. für Statik und Heizungstechnik) und/oder beratende Sachverständige eingebunden werden.

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