Statik zum Anfassen. Alter Dachstuhl

Statik – Tragwerksplanung

Statik, Baustatik, Tragwerksplanug – die Begriffe

Die Statik oder Baustatik ist die Sammlung an Berechnungen, mit der die Standsicherheit eines Bauwerks nachgewiesen wird. Ob der Begriff Statik aus der griechischen Sprache oder aus dem Lateinischen stammt, darüber kann man sich streiten. Fest steht, dass damit – wie im Deutschen der Begriff „statisch“ – ein ruhendes Gleichgewicht gemeint ist. Im Gegensatz dazu stehen dynamische Berechnungen (Baudynamik), wo die Auslegung von Bauwerken für wiederkehrend wechselnde Lasten (z. B. Schwingungen) erfolgt.

Als Tragwerksplanung wird die Auslegung eines Bauwerks beschrieben, damit dieses die Anforderungen an die Standsicherheit erfüllt. Da gerade bei größeren Bauwerken teilweise ein ganz erheblicher Rechenaufwand erforderlich ist, gab es früher in manchen Ingenieurbüros eine Aufteilung der Tätigkeit in Entwurf (Planung) der tragenden Gebäudeteile, in die Überführung in Rechenmodelle und in die Lösung der Rechenaufgaben. Mit Einführung der Computertechnik sind diese Bereiche weitgehend verschmolzen. Der heutige Bauingenieur plant üblicherweise die Umsetzung der architektonischen Anforderungen in ein Tragsystem und führt dann auch die erforderlichen Nachweise durch. Einen praktischen Unterschied zwischen Statiker und Tragwerksplaner gibt es damit nicht mehr.

Wer braucht eine Statik?

In der zentralen Bauvorschrift Bayerns, der Bayerischen Bauordnung und auch in den Bauordnungen der anderen Bundesländer wird gefordert, dass ein Bauwerk ab seiner Errichtung bis zum Abriss keine Gefährdung darstellen darf (Art. 3, BayBO). Diese grundlegende Forderung ist so alt, wie das Bauwesen und findet sich bereits im Codex Hammurapi, einer etwa 4000 Jahre alten Gesetzessammlung aus Babylonien.

Um dieses Ziel einhalten zu können, werden die für die Standsicherheit notwendigen Gebäudebestandteile, das Tragwerk, mit mathematischen Methoden dimensioniert. Mit Dimensionierung ist dabei die Festlegung der Abmessungen und Materialgüten von Holz- oder Stahlträgern, aber auch die Dicke von Mauerwerk und Betonbauteilen sowie die Anzahl der erforderlichen Stahleinlagen im Beton gemeint. In manchen Fällen, meist bei kleineren Bauwerken, ist es auch möglich, dass die Ausführung aufgrund der handwerklichen Erfahrung der Baufirma/Zimmerei erfolgt. Im Rahmen der Meisterprüfung müssen auch Maurer- und Zimmerermeister grundlegende Kenntnisse zur Baustatik nachweisen.

Mit dem Bauantrag bei der Bauaufsichtsbehörde muss ein sogenannter Kriterienkatalog eingereicht werden. Kann auf diesem Formblatt bescheinigt werden, dass das Tragwerk keine erhöhte Schwierigkeit hat, darf die Prüfung der statischen Berechnung entfallen. Bestätigen kann dies ein Statiker, der hinsichtlich seiner Erfahrung überprüft wurde und in die Liste der nachweisberechtigten Ingenieure eingetragen ist. Ist eine Prüfung notwendig, muss die Statik einem Prüfsachverständigen oder Prüfstatiker vorgelegt werden. Es soll durch dieses Vieraugenprinzip vermieden werden, dass Fehler bei der Auslegung unerkannt bleiben.

Was steht in einer Statik?

Gleich vorneweg, eine statische Berechnung wird individuell für jedes Bauwerk erstellt. Es gibt zwar einige Ausnahmen für Bauten, die in großer Anzahl hergestellt werden (z. B. Fertighäuser, kleinere Hallen, Silos usw.), da dabei aber jeweils ungünstigste Annahmen getroffen werden müssen, sind diese Ausführungen nicht wirtschaftlich.

In der Statik werden alle einwirkenden Lasten auf das Bauwerk beschrieben. Diese setzen sich aus standortabhängigen Lasten (Wind, Schnee, Hochwasser, Erdbeben, …) und nutzungsabhängigen Lasten (Wohnraum, Lager usw.) zusammen. Hinzu kommen die Eigengewichtslasten, also die Gewichtskräfte, die vom Bauwerk selbst stammen.

Mit der Vereinfachung des Tragwerks in sogenannte statische Systeme werden Berechnungsmodelle erstellt. Das Ergebnis der Berechnung mündet in die Dimensionierung eines tragenden Einzelelements (Position). Hier wird je nach vorgegebener Bauweise das zu verwendende Baumaterial und die Größe des Bauteils festgelegt. Da es mit zunehmender Anzahl an Bauteilen in einem Bauwerk unübersichtlich wird, welches Bauteil mit der jeweiligen Berechnung erfasst ist, gehört zu einer Baustatik auch ein Positionsplan. Auf diesem Plan ist dargestellt, wo sich die jeweilige Position im Bauwerk befindet.

Während die Berechnungen selbst und auch die Ergebnisse mit der Dimensionierung für einen Laien meist unverständlich sind, sollte das Augenmerk eines Bauherrn auf den Vorbemerkungen der Statik liegen. Hier werden die Grundlagen und die wesentlichen Eigenheiten der (Trag-)Konstruktion beschrieben. Auch mögliche Einschränkungen oder notwendige Maßnahmen während der Nutzung werden hier genannt.

Statik – nur im Neubau?

Neben der Neuerrichtung von Bauwerken ist die Statik auch für bestehende Gebäude von großer Bedeutung. Werden die Lasten an einem Bauwerk über die Auslegungslasten hinaus erhöht, kann die Standsicherheit gefährdet sein. Solche Lasterhöhungen ergeben sich beispielsweise durch die nachträgliche Installation von Solaranlagen auf dem Dach oder einer geänderten Nutzung von Räumen. Auch wenn bauliche Änderungen am Bestand vorgenommen werden sollen, wie etwa neue Türöffnungen oder das Versetzen von Innenwänden, muss überprüft werden, ob dadurch die Standsicherheit beeinträchtigt wird und möglicherweise Verstärkungen erforderlich werden. Für die Entscheidung, ob für die geplanten Änderungen zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, muss der Rat eines Bauingenieurs oder Sachverständigen eingeholt werden. Dies gilt auch, wenn plötzliche Naturereignisse, wie z. B. Überschwemmungen, Erdrutsche, hohe Schneelasten o. ä. das Tragwerk eines Bauwerks beeinflussen.

 

Ortsüblicher Schnee ist in der Statik berücksichtigt

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