Estrich
Estrich – Definition
Die offizielle Definition von Estrich in der dafür vorgesehenen Norm DIN EN 13318 ist für Laien holprig zu lesen. Dies liegt vor allem an dem Versuch der Verfasser, eine europaweit länderübergreifende Beschreibung zu finden. Vereinfacht kann man sagen, dass ein Estrich auf einer vorhandenen Bodenunterkonstruktion aufgebracht wird, um einerseits ein bestimmtes Höhenniveau zu erreichen und andererseits eine fertige oder für einen Bodenbelag fertige Oberfläche herzustellen. Der Arbeitsvorgang selbst wird als „Estrich legen“ bezeichnet.
Bestandteile von Estrich
Fast alle Estricharten bestehen aus einem Bindemittel und einem Zuschlag. Das Bindemittel – danach wird auch die Estrichart benannt – wirkt wie ein Klebstoff und verbindet den Zuschlag, der üblicherweise ein Sandgemisch ist. Der im Wohnungsbau bekannteste Vertreter ist der Zementestrich, dessen Oberfläche hart und widerstandsfähig ist, der aber auch eine ausreichend lange Erhärtungszeit braucht. Der strukturelle Aufbau ähnelt stark dem von Beton, hat jedoch deutlich kleinere Steine im Zuschlag. Nahezu sofort verwendbar sind Gussasphaltestriche, die als Bitumen-Sand-Gemisch ähnlich einer Straßenoberfläche heiß eingebracht werden und nach dem Abkühlen fertig und belegereif sind. Als weitere Bindemittel werden Gips bzw. Anhydrit (Calciumsulfat), Magnesia (Magnesiumoxid und -chlorid) sowie Kunstharze verwendet. Die Auswahl der Estrichart richtet sich nach den Anforderungen der späteren Nutzung.
Trockenestriche, also mit Gipsfaser- oder Holzspanplatten hergestellte Bodenflächen, werden in der Estrichnorm nicht behandelt, sind aber insbesondere beim Bauen in Bestandsgebäuden beliebt, da durch deren Verlegung keine zusätzliche Feuchtigkeit eingebracht wird.
Neben den aufgezählten Grundformen gibt es eine Reihe von Abwandlungen für besondere Zwecke. Für starke Beanspruchungen durch Staplerverkehr in Industriehallen gibt es beispielsweise Zementestriche mit Hartkorneinstreuung. Hier wird unmittelbar nach Fertigstellung an der frischen Oberfläche Sand aus hartem natürlichen Gestein, Metallpartikel oder Korund bzw. Siliziumcardbid eingestreut und ebenengleich eingebettet. Eine andere Variante ist die besondere Form des Gips-Estrich als Fließestrich. Hier wird der Estrichmörtel in flüssiger Form eingebracht, dabei lediglich grob verteilt und entlüftet. Durch die flüssige Konsistenz nivelliert sich die Mörtelmasse in gewissen Grenzen selbst.
Verlegearten von Estrich
Die im Wohnungsbau häufigste Verlegeart von Estrichen ist der „Estrich auf Dämmschicht“. Dabei wird zwischen der Unterkonstruktion, also z. B. der Geschossdecke, und dem Estrich eine Dämmschicht eingebaut. Diese Schicht kann zur Wärmedämmung oder als Schalltrennung bzw. bei einer Kombination von Dämmstoffen zur Wärme- und Schalldämmung verwendet werden. Die Estrichschicht ist dabei völlig von der Baukonstruktion (auch an den Wänden) getrennt, so dass sie auf der Dämmung „schwimmt“ und deshalb auch oft als „schimmender Estrich“ bezeichnet wird.
Werden keine entsprechenden Anforderungen gestellt, ist eine Ausführung auf Trennschicht möglich. Das heißt, der Estrichkörper wird durch Trenlagen (z. B. Folie) von der Baukonstruktion getrennt.
Schließlich gibt es den Verbundestrich, bei dem der Estrich unmittelbar auf die besonders vorbereitete Betondecke/-boden aufgebracht wird und sich beide Schichten miteinander verbinden. Diese Art der Ausführung kann beispielsweise bei Garagen sinnvoll sein, da durch den Estrich eine glatte, leicht zu reinigende, aber hoch belastbare Oberfläche hergestellt werden kann.
Auch bei der Verlegeart gibt es Sonderformen. Insbesondere in den 1950er und 1960er Jahren war das „Terrazzo“ sehr beliebt. Hierbei wird auf einer Grundlage aus Zementestrich ein Mörtel mit besonderem Sandgemisch aufgebracht. Meistens besteht dieses Sandgemisch aus weißen und schwarzen, manchmal auch farbigen Steinen. Nach Fertigstellung wird die Oberfläche abgeschliffen. Dadurch entsteht ein interessantes Steinmuster. Die Herstellung von Terrazzo ist aufwändig und zeitintensiv, die fertige Oberfläche aber sehr belastbar und leicht zu reinigen.
Anforderungen an den Untergrund eines Estrichs
Der Untergrund, auf dem der Estrich verlegt wird, muss eben sein. In der Estrichfläche sollte eine annähernd gleiche Schichtdicke vorhanden sein. Geringfügige Dickenänderungen durch Ungenauigkeiten des Untergrunds sind meist unproblematisch. Unzulässig sind jedoch punktuelle und linienförmige Erhebungen oder Vertiefungen. Bei Estrichen auf Dämmschicht ist die Dämmung so zu verlegen, dass die Stoßstellen möglichst klein sind. Notwendig Rohrleitungen o. ä. sind so zu verlegen, dass sie vollständig mit Dämmmaterial ummantelt sind und nicht in die Estrichebene ragen.
Bei Verbundestrichen oder Estrichen auf Trennlage sind Einbauten wie Kabel und Rohrleitungen zu vermeiden, da die Einschnürungen der Estrichdicke fast immer zu Schäden bzw. Rissbildung am Estrich führen. Sind im Untergrund Risse vorhanden, muss die Situation bewertet werden, da sich sehr häufig diese Risse später auch im Estrich fortsetzen.
Eine sorgfältige Vorbereitung des Untergrunds sieht man zwar später nicht mehr, wirkt sich jedoch unmittelbar auf die Schadenfreiheit und Langlebigkeit eines Estrichs aus.
Oberflächen und Beläge von Estrichen
Wie schon erwähnt, können Estriche auch als fertige Nutzoberflächen hergestellt werden. Dabei werden sie mit besonderer Sorgfalt geglättet und je nach Anwendung mit einer Oberflächenveredelung versehen. Die fertige Oberfläche weist jedoch verarbeitungsbedingt dennoch geringe Unebenheiten und Farbunterschiede auf. Ohne weiteren Belag wird deshalb ein Estrich häufig in Werkstätten oder Lagerhallen verwendet, aber auch bei einem puristischen Design im Zusammenspiel mit Sichtbetonoberflächen.
Sind Beläge auf Estrichflächen geplant, muss dringend vor deren Einbau die „Belegreife“ überprüft werden. Eine zentrale Rolle spielt beim Zement- oder Gipsestrich dabei der Wassergehalt. Enthält der Estrich zum Zeitpunkt des Belageinbaus noch zu viel Wasser, sind Schäden am Belag vorprogrammiert. Die meistverwendete Messmethode ist dabei das „CM-Verfahren“, auch als „Calciumcarbit-Methode“ bezeichnet. Dieses Verfahren weist erhebliche Schwachpunkte auf, ist aber trotzdem nach derzeitigem Stand die zuverlässigste Methode zur Einschätzung der Estrichfeuchte. Vermeintlich genauere Labormethoden scheitern an verwendeten Additiven im Estrichmörtel.
Ist die Belegreife gegeben, ist beim Einbau des Belages darauf zu achten, dass sowohl die vorhandenen Fugen und Trennstellen des Estrichs nicht mit Schmutz oder Mörtel gefüllt werden und auch im Belag als Fugen weiter geführt werden. Ein typisches Beispiel ist der Randdämmstreifen, der den Estrich auf Dämmschicht von den Wänden trennt. Dieser sollte erst nach Fertigstellung des Belags oberflächenbündig gekürzt werden.
Heizestrich – Bodenheizung im Estrich
Bodenheizungen haben sich in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt. Neben einer gleichmäßigen Erwärmung des Raumes haben sie meist auch energetische Vorteile. Die Heizschlangen können dabei unter oder im Estrich verlegt sein. Im Wohnhausbau wird meistens die zweite Methode angewandt. Bei größeren Flächen und starren Belägen (z. B. Natursteinplatten) sind mehrere Dehnfugen vorzusehen, die mit integrierten Heizleitungen nur bedingt hergestellt werden können. In diesem Fall kann die Verlegung unter dem Estrich sinnvoller sein.
Bei Inbetriebnahme der Heizung und deren Funktionsprüfung, aber auch der Heizvorgang zur Erreichung der Belegreife muss protokolliert und von der Bauleitung überwacht werden. Insbesondere sind über die Dauer des Heizvorgangs sowohl die Solltemperaturen, als auch die gemessenen Temperaturen zu dokumentieren.
Estrich – Zusammenfassung
Obwohl „nur“ Mörtel, erfordert die Planung und Herstellung von schadensfreien und langlebigen Estrichen einiges an Fachwissen. Sollten Probleme oder Fragestellungen auftreten ist das Hinzuziehen von Fachleuten fast immer billiger, als die nachträgliche Schadenssanierung. Werden die erforderlichen Rahmenbedingungen eingehalten, erhält man mit einem Estrich eine sehr robuste Grundlage für Beläge.