Windsogsicherung – jeden Dachziegel mit Klammern befestigen?
Forderung der Windsogsicherung
In Folge der heftigen Stürme, die in den vergangenen Jahren über Deutschland hinweg gezogen sind, waren von den Sachversicherern große Schäden zu begleichen. So ist es leicht verständlich, dass die Forderung nach „sturmfester“ Bauweise laut wurde. Im Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks hat man sich mit diesem Thema beschäftigt und schon 2011 in den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks Vorgaben für die Windsogsicherung von Dachziegeln und Dachsteinen aufgenommen.
Diese Fachregeln sind für den Bauherrn in keiner Weise verbindlich. Dennoch haben in der Vergangenheit die Fachregeln des Dachdeckerhandwerks auch nach ihren Änderungen immer wieder den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.T.) erreicht. Diese geben gewissermaßen das Niveau der Ausführungsqualität wider, das man allgemein erwarten darf.
Aus dem Blickwinkel des ausführenden Zimmerers oder Dachdeckers bedarf es daher schon guter Gründe, wenn man von diesen Regeln abweicht. Da durch herabfallende Dachdeckung auch eine Gefährdung für Passanten entsteht, wird im Schadensfall ein Nachweis der ordnungsgemäßen Befestigung gefordert werden. Einen solchen Nachweis wird man üblicherweise durch die Einhaltung der a.a.R.T. erbringen.
Grundlagen der Windsogsicherung
Da die Fachregeln damit praktisch zur Verpflichtung werden, lohnt ein Blick in die einzelnen Vorgaben. Grundlage für den Umfang der Windsogsicherung ist die Zuordnung des Bauorts zu den deutschlandweit vier Windzonen. Auch die Gebäudehöhe, die Dachform und die Dachneigung sind ausschlaggebend für den anzunehmenden Windsog. Wird unter der Dachdeckung eine geschlossene Deckunterlage eingebaut, also beispielsweise eine Holzschalung mit Unterdeckung, dann wirkt sich dies auch mindernd auf die Windsoglasten aus.
Da die Ränder von Dachflächen aufgrund der Windumströmung deutlich höheren Soglasten widerstehen müssen, wird die Dachfläche in unterschiedliche Bereiche aufgeteilt. Beim typischen Satteldach sind dies beispielsweise der Trauf- und Ortgangsbereich an den Rändern, der Firstbereich und die restlichen inneren Bereiche. Für Walmdächer, Pultdächer usw. aber auch für hervorstehende Dachaufbauten, wie Kamine oder Lüftungsauslässe, gibt es weitere Windsogbereiche.
Maßnahmen zur Windsogsicherung
Sind diese Vorgaben geklärt, lassen sich für die einzelnen Windsogbereiche der Dachfläche die erforderliche Anzahl der Klammern aus Tabellen entnehmen. Dabei ist zu beachten, dass der richtige Klammerntyp nach DIN EN 14437 für Dachziegel-/steine und Biberdeckung auszuwählen ist. Die Angaben in den Tabellen mit 1:1, 1:2, 1:3 oder 0 bedeuten dabei, dass jeder, jeder zweite, jeder dritte oder kein Dachziegel/-stein verklammert werden muss.
Generell sind alle Ziegel und Steine entlang der Dachränder zu befestigen. Bei Dachflächen, die über 65° geneigt sind, ist eine vollständige Verklammerung vorgegeben.
Wie Ihre Dachdeckung sicher befestigt werden, welche Klammern und welche Anzahl notwendig ist, kann Ihnen ein Fachmann, z. B. ein Sachverständiger im Zimmerer- oder Dachdeckerhandwerk, genau erklären.
Nachteile durch Windsogsicherung?
Die zusätzliche Arbeit, die für die Verklammerung notwendig ist, aber auch das Material werden durch die zusätzlichen Kosten keine Begeisterung beim Bauherrn hervorrufen. Sieht man von der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ab, ist aber auch ein Mehrwert gegeben. Auch wenn sich nach stärkeren Stürmen die Dachdeckung nicht flächig abgehoben hat oder gar Schäden durch herabfallende Dachziegel zu beklagen sind, verrutschte und angehobene Dachziegel erfordern wiederkehrenden Arbeitseinsatz auf dem Dach. So relativieren sich die Kosten für die einmalige Befestigung schnell.
Auch das Argument, dass man verklammerte Dachziegel nicht mehr lösen kann, greift nicht, da es mittlerweile sehr durchdachte Klammerntypen gibt. Diese lassen sich auch nachträglich wieder ohne Beschädigung lösen.
Die Antwort zur Überschrift lautet, dass in den seltensten Fällen jeder Dachziegel einer Dachfläche befestigt werden muss. Keine Verklammerung ist jedoch sicher nicht ausreichend.