Der Dauerbrenner: Risse

Wird ein Riss im Haus (oder ganz allgemein: in einem Bauwerk) festgestellt, besteht sehr häufig große Unsicherheit, wie damit umzugehen ist. Risse können die Standsicherheit beeinträchtigen, die Gebrauchstauglichkeit vermindern (z. B. durch Undichtigkeiten) oder auch ganz harmlos sein. Obwohl verschiedene Rissarten bereits in anderen Beiträgen erwähnt wurden, soll hier noch einmal explizit auf Risse und deren Entstehung eingegangen werden.

Risse und deren Ursachen

Zwar können Risse sehr komplexe Hintergründe haben, dennoch ist die Rissbildung selbst auf eine Ursache zurückzuführen: Die auftretende Beanspruchung übersteigt (im betroffenen Bereich) die Materialfestigkeit. Besonders davon betroffen sind spröde, also wenig elastische Materialien. Die rissauslösende Beanspruchung kann dabei auf mechanische Einflüsse, Temperaturänderungen, chemische Reaktionen oder Alterungsprozesse zurückzuführen sein.

Zu den mechanischen Einflüssen zählt etwa eine zu große Last auf einer Decke oder einem Balken. Durch die Durchbiegung entstehen Risse. Auch Stoßeinwirkungen (z. B. auf den Putz) oder Setzungen im Baugrund führen häufig zu Rissbildungen.

Die überwiegende Mehrheit der Baustoffe haben ein ausgeprägtes Temperaturausdehnungsverhalten. Das bedeutet, dass sich bei ansteigender Temperatur das Bauteil ausdehnt und mit entsprechender Abkühlung wieder zusammenzieht. Wird dieses Dehnverhalten behindert und die Problematik wurde bei der Baustoffauswahl nicht genügend berücksichtigt, führen die daraus resultierenden Kräfte zur Rissbildung. So eine Behinderung der Verformung kann etwa durch ein auf beiden Seiten eingeputztes Fensterblech entstehen, aber auch durch unterschiedliche Temperaturen an Außen- und Innenseite einer Fassade.

Eine typische chemische Beanspruchungen ist beispielsweise die Oxidation von Stahl (Rost). Durch den Rost vergrößert sich die Oberfläche von dem betroffenen Stahlbauteil. Handelt es sich dabei um einen Bewehrungsstab im Beton, wird erst der Beton einen Riss bekommen und bei fortschreitender Korrosion der Beton abplatzen. Ein ähnliches Schadbild verursacht die Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Hier sind im Zuschlag (Kies, Sand) des Betons Alkalien vorhanden, die in Reaktion mit dem Zement treten.

Natürlich können Risse auch durch Konstruktions- oder Materialfehler entstehen. Dabei kommen manche Defizite erst mit zunehmendem Alter zum Vorschein. Dies kann durch Ermüdung aber auch durch Umwelteinflüsse begünstigt werden.

Auswirkungen von Rissen

Nicht jeder Riss bereitet Probleme. Bei einer Vielzahl von Rissen ist die Ursache nach Auftreten der Rissbildung nicht mehr wirksam. Wenn der Riss keine optische Beeinträchtigung darstellt, weil er vielleicht sehr fein und damit kaum sichtbar ist, sind auch keine weiteren Maßnahmen erforderlich.

Ernster ist die Rissbildung, wenn die Gebrauchstauglichkeit betroffen ist. Damit ist gemeint, dass das Bauwerk den Verwendungszweck nicht mehr oder nur noch teilweise erfüllt. Beispielsweise ein Schwimmbad, dessen Wände so gerissen sind, dass Wasser abfließen kann, ist in seiner Gebrauchstauglichkeit stark eingeschränkt.

Risse können jedoch auch die Tragfähigkeit eines Bauwerks beeinträchtigen. Gerade im Stahl- und Spannbetonbau gab es in den letzten Jahren mehrere Brückeneinstürze, die auf Risse zurückzuführen sind. In feine Risse gelangt Wasser bis zu den Bewehrungslagen aus Stahl. Die entstehende Korrosion vermindert die Tragfähigkeit von Stahl und damit des gesamten Bauwerks. Noch weit gefährlicher, weil von außen nicht durch Abplatzungen erkennbar, ist die Korrosion, die unter Chlorideinwirkung erfolgt. Diese Chloride stammen aus dem Tausalz im Winter und zerfressen den Stahl regelrecht. Betroffen hiervon sind in erster Linie Brücken und Tiefgaragen mit fehlender oder beschädigter Abdichtung zur Fahrbahnfläche.

Schräger Riss in Betonwand

Gerissene Stützwand aus Beton

Ursachen der Risse erkennen

Zwar sind die Ursachen häufig am Rissbild erkennbar – aber nicht immer. Der Rissverlauf, also ob waagerecht, senkrecht, diagonal oder treppenförmig bzw. netzartig, zeigt zumeist, welche Ursachen in Frage kommen. Ein weiteres Merkmal ist die Rissbreite und die Risstiefe. Schließlich sind auch Begleiterscheinungen von Bedeutung. Dies können Farbveränderungen sein, Rostflecken, Wasserflecken usw. Oft lassen sich diese Merkmale nur mit einer fundierten bautechnischen Ausbildung und Erfahrung einordnen. Dies gilt umso mehr, wenn sich mehrere Ursachen überlagern.

Vorgehensweise beim Auftreten von Rissen

Immer ratsam ist, das Auftreten oder die erste Wahrnehmung des Risses zu dokumentieren. Eine Skizze mit Maßen, der Rissbreite und auch Fotos helfen bei der Bewertung, wenn sich später Änderungen ergeben. Sollte der Verdacht bestehen, dass die Rissbildung noch nicht abgeschlossen ist, kann dies mit Hilfe von „Rissschablonen“ oder speziellen Rissmarken, die beim Rissverlauf befestigt werden, überprüft werden. Hanelt es sich um mehrere Risse, vielleicht auch über mehrere Stockwerke hinweg, ist eine professionelle Dokumentation zu erstellen. So lassen sich Zusammenhänge leichter erkennen. Sofern nicht klar ist, wodurch der Riss entstanden ist, sollte der Bauunternehmer oder Zimmerer, der das Bauwerk erstellt hat, hinzugezogen werden. Auch die Einschaltung eines Sachverständigen ist in vielen Fällen hilfreich, da dieser eine unparteiische Wertung und Sanierungsempfehlungen vornehmen kann.

Risse – Und jetzt?

Die Entstehung von Rissen ist in vielen Fällen vorhersehbar oder gar Konstruktionsprinzip. Insbesondere in den ersten Jahren nach dem Neubau ergeben sich viele kleinere Risse, die weder technisch noch optisch störend sind. Werden hingegen untypische oder größere Risse wahrgenommen bzw. Rissbilder, die sich kontinuierlich vergrößern, dann sollte frühzeitig mit der Ursachensuche begonnen werden, denn so lassen sich mögliche Folgeschäden vermeiden.

Risse in Mauerwerkswand

Rissverlauf in Mauerwerkswand