Infrarot-Thermografie – Wärmebilder
Thermografie – Was ist das?
Die Thermografie ist die bildliche Darstellung von Temperaturen. Dabei sind es im Bauwesen insbesondere Oberflächentemperaturen, die von Bauteilen abgestrahlt werden. Damit ist auch eine häufig gestellte Frage beantwortet: Mit einer Wärmebildkamera kann man nicht durch Wände oder Decken sehen. Anhand der Oberflächentemperaturen kann man jedoch auf Unregelmäßigkeiten schließen. Es lassen sich Wärmebrücken, Baustoffwechsel oder auch Durchfeuchtungen feststellen. Voraussetzung dabei ist immer ein Temperaturunterschied. So lassen sich z. B. die Rohrleitungen einer aufgeheizten Fußbodenheizung durch die unterschiedliche Wärmeverteilung am Fußbodenbelag eindeutig detektieren.
Einsatz im Bauwesen
Wärmebildkameras sind keine Spezialinstrumente mehr, die der Forschung vorbehalten sind. Es gibt mittlerweile einfache Geräte, die in Mobiltelefonen integriert sind oder im Elektronikversand angeboten werden. Die Wärmebildkameras unterscheiden sich jedoch gravierend in dem jeweils verwendeten Objektiv und dem Detektor, dem elektronischen Bauteil, das die Temperaturunterschiede misst. Die Auflösungen sind deutlich niedriger, als bei Fotokameras und bewegen sich bei günstigen Geräten zwischen 80 x 60 bis 240 x 180 Pixel. Die im Baubereich verwendeten Wärmebildkameras haben üblicherweise Auflösungen von 320 x 240 bis 640 x 480 Pixel und mehr.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras erfordert die nutzbringende Verwendung von Wärmebildkameras jedoch einerseits ein fundiertes Wissen über die Technik der Infrarot-Thermografie und andererseits eine genaue Kenntnis der bautechnischen und bauphysikalischen Zusammenhänge. Selbst die teuerste Kamera mit einem ausgebildeten Thermografen ersetzt nicht die baupraktische Erfahrung eines Bauingenieurs oder eines Sachverständigen.
Voraussetzungen für aussagekräftige Thermogramme
Aussagekräftige Ergebnisse sind nur mit entsprechend großen Temperaturunterschieden möglich. Es sollte mindestens eine Differenz der Raumtemperatur zur Außentemperatur von 10 K (also z. B. innen 20 °C, außen ≤ 10 °C) vorhanden sein, wobei dieser Zustand idealerweise über einige Stunden nahezu konstant bleiben sollte (evtl. Heizungs-Nachtabsenkungen zeitweilig außer Betrieb nehmen).
Sollen Außenfassaden im Hinblick auf die wärmetechnischen Eigenschaften untersucht werden, werden die Aufnahmen üblicherweise in den Nacht- oder den frühen Morgenstunden gemacht, um den Einfluss der Sonneneinstrahlung zu minimieren. Auch sollte eine trockene Witterung mit wenig oder keinem Wind während der Aufnahmen vorhanden sein.
Bei Aufnahmen im Innenbereich, beispielsweise bei Schimmelschäden, ergeben sich die besten Ergebnisse, wenn die Räume gleichmäßig temperiert sind.
Für weitere Problemstellungen ergeben sich teilweise zusätzliche Vorgaben. Sollen etwa Photovoltaikanlagen auf das Vorhandensein von „Hotspots“, also Stellen mit erhöhten Temperaturen, untersucht werden, ist ein Standpunkt notwendig, von dem aus die Anlage in möglichst steilem Winkel einsehbar ist und der keine zu große Entfernung zum Untersuchungsobjekt aufweist.
Aussagekraft
Die Kenntnis der flächigen Temperaturverteilung, z. B. an einer Fassade, ist eine große Hilfe für die Beurteilung des baulichen Zustands. Dabei spielt jedoch die richtige Anwendung des Messgerätes ein wesentliche Rolle. Während die Bedeutung des materialabhängigen Emissionsgrades auch bei ungeübten Benutzern bekannt ist, wird die Wirkung der reflektierten Temperatur, der Atmosphärentemperatur (Umgebungstemperatur) und die relative Feuchtigkeit häufig unterschätzt.
Sehr wichtig ist auch die Wahl der richtigen „Palette“, also der farblichen Darstellung der Temperaturverläufe und die dazugehörige Skala. Je nach verwendeter Palette und Temperaturbereich erscheint z. B. eine Außenfassade auf dem Bild als energetisch sehr schlecht oder gut gedämmt. Hier ist also die Unabhängigkeit und Integrität des Thermografen sehr wichtig. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger garantiert Ihnen ein Höchstmaß an fachlicher Kompetenz und Unparteilichkeit.
Nutzen für den Gebäudeeigentümer
Sind die Messgeräteeinstellungen und die Umgebungsbedingungen bekannt, kann die Auswertung beginnen. Im Gegensatz zu anderen Fachbereichen ist im Bauwesen oft nicht die absolute Temperatur von Bedeutung, sondern plötzliche Änderungen am Temperaturverlauf. So lassen sich einerseits unbekannte Bauteilaufbauten erkennen oder bekannte Konstruktionen bewerten. Damit können Überraschungen bei Sanierungsmaßnahmen minimiert und notwendige Maßnahmen frühzeitig geplant werden.
Bei Schimmelschäden kann in Verbindung mit punktuellen Feuchte- und Temperaturmessungen eine Beurteilung der Bausubstanz erfolgen, ohne Öffnungen vornehmen zu müssen. Bei Wasserschäden ist es häufig möglich, den Verlauf oder gar den Ursprung der Leckage zu finden.
Obwohl die „bunten Bilder“ eine große Hilfe sein können, sieht ein Fachmann auch häufig ohne Wärmebildkamera, wo die Probleme versteckt liegen. Eine fachliche Beratung vor dem Einsatz der Thermografie ist deshalb immer zu empfehlen.